MitarbeiterInnenbeteiligung im KMU: Teilhabe statt Trostpflaster?

Lukas führt in dritter Generation ein erfolgreiches Metallbauunternehmen mit einem starken Team. Mit dem anstehenden 60-jährigen Jubiläum kam bei ihm eine zentrale Frage auf: Wie binde ich die besten MitarbeiterInnen dauerhaft ans Unternehmen?
Über die Jahre hatte Lukas immer wieder erlebt, wie talentierte Fachkräfte in die Selbstständigkeit wechselten – nicht aus Unzufriedenheit, sondern aus unternehmerischem Ehrgeiz. Und mit jedem Weggang gingen Know-how, Verlässlichkeit und ein Stück Kultur verloren. Bei einem Feierabendbier mit seinem Unternehmerfreund entstand schliesslich die Idee eines Beteiligungsmodells. Warum nicht gemeinsam Unternehmer sein? Warum nicht Verantwortung teilen, oder sogar die Früchte des Erfolgs?
Beteiligung als Selbstzweck greift zu kurz
Was bei Startups oft als Motor für Engagement funktioniert, stösst in traditionellen KMU schnell an Grenzen.
- Aktienbeteiligungen setzen Transparenz und Mitbestimmung voraus – ist das Unternehmen bereit dazu? Wer darf über langfristige Strategien, grosse Investitionen und Veränderungen mitentscheiden? Teils «rudern» Unternehmen gar mühsam von eingeführten Beteiligungs-Modellen zurück, da sie Entwicklungsprozesse behindern.
- Wird die Beteiligung am Ende zu einer reinen Gewinnbeteiligung, lässt sich das mit einem gut durchdachten Bonussystem abbilden – ganz ohne komplexe juristische Konstrukte.
- In jungen, wachstumsstarken Startups verzichten Gründer und frühe MitarbeiterInnen bewusst auf marktübliche Löhne – in der Hoffnung, später beim Exit zu profitieren. Dieses Prinzip funktioniert jedoch kaum in etablierten Betrieben, wo der Lohn heute zählt – nicht ein vielleicht möglicher Gewinn in zehn Jahren.
Um gute MitarbeiterInnen zu halten, den Unternehmergeist zu wecken und Perspektiven zu schaffen, ist es wichtig, eine unterstützende und inspirierende Arbeitsumgebung zu schaffen. Und all das lässt sich in vielen Fällen auch ohne Kapitalbeteiligung erreichen – durch gelebte Unternehmenskultur:
«Beteiligung beginnt im Kopf und nicht im Aktienregister.»
Und wer bei Unternehmenskultur an den Pizza-Plausch oder das Feierabend-Bier denkt, hat weit gefehlt. Personalentwicklung und Wertschätzung – um einige gewinnende Faktoren zu nennen – wollen echt gelebt sein – zwingend «von oben» und als Selbstverständlichkeit. Die Unternehmer und Führungskräfte sind entscheidend. Eine starke Kultur bietet Orientierung, Halt und ein Gefühl der Zugehörigkeit.
Bevor man also über Gesellschaftsanteile oder Dividenden den Kopf zerbricht, sollten Unternehmen prüfen, ob nicht erst sinnvollere Zwischenschritte – mit ebenso, oder gar grösserer Wirkung – anstehen:
- Offene Kommunikation: Transparenz über Zahlen, Ziele und Herausforderungen schafft Vertrauen. Es ist wichtig, die Kommunikation klar und verständlich zu gestalten, aber auch pro Anspruchsgruppe dosiert. Einige MitarbeiterInnen könnten mit zu viel Information überfordert sein. Begriffe wie Umsatz, Gewinn oder EBITDA sollten behutsam verwendet werden.
- Verantwortung übertragen: Nicht alle wollen Eigentümer sein – aber viele sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Genauso wie nicht jeder eine Karriere anstrebt, sind auch nicht alle MitarbeiterInnen bereit, Verantwortung zu tragen. Darum ist es wichtig, individuelle Unterschiede zu erkennen und flexible Verantwortungsmodelle anzubieten.
- Einbezug bei Entscheidungen: Wer mitdenken darf, denkt mit – und bleibt. Die Einbeziehung der MitarbeiterInnen in Entscheidungsprozesse bedeutet nicht automatisch, dass sie auch mitentscheiden. Klare Grenzen und Verantwortlichkeiten sind wichtig, um Überforderung zu vermeiden.
Beteiligung als Nachfolgelösung – mit Augenmass
Dass materielle Beteiligungen durchaus ihre Berechtigung haben, zeigt die zunehmende Zahl an Management-Buy-Outs (MBOs). Besonders wenn sich zwei bis vier Schlüsselpersonen zusammenschliessen, kann daraus eine starke und erfolgreiche Nachfolgelösung entstehen. Aber auch hier gilt: Ohne vorgängige Schritte wie offene Kultur, Vertrauen und Verantwortung funktioniert es selten nachhaltig.
Fazit
Beteiligung ist kein Selbstzweck – sondern muss das Unternehmen mittelfristig weiterbringen. Wer als KMU über MitarbeiterInnenbeteiligung nachdenkt, sollte sich zuerst fragen: Was will ich wirklich erreichen?
Oft führen kulturelle Massnahmen schneller zum Ziel als materielle Ansätze. Erst wenn Identifikation, Kommunikation und Mitverantwortung etabliert sind, kann allenfalls Beteiligung auf Kapitalebene eine sinnvolle Ergänzung sein. Dank der schnellen Entscheidungswege und dem nahen und intensiven Kontakt zu den MitarbeiterInnen können KMU geeignete Massnahmen dann jeweils rasch umsetzen.
Denken auch Sie über die Zukunft Ihres Unternehmens nach?

Vielleicht ist es (noch) nicht Zeit für Aktien. Aber ganz sicher ist es Zeit, Beteiligung neu zu denken – als Führungsinstrument, als Kulturfrage und als strategische Entscheidung – im Sinne von Mitdenken, Mitentscheiden und Mitgestalten.
Sie möchten herausfinden, was in Ihrem Unternehmen möglich ist? Wir begleiten KMU und ERFA-Gruppen in der Entwicklung individueller Beteiligungsmodelle und unterstützen Sie gerne dabei, die passenden Schritte zu entwickeln. Kontaktieren Sie Simone Bonilla für ein unverbindliches Gespräch.